Liquiditätsplanung für Selbständige in der Schweiz – Praktische Anleitung 2025

Erfahre, wie du als Selbständige*r deine Liquidität planst und Zahlungsengpässe vermeidest. Mit praktischer Schritt-für-Schritt-Anleitung und Vorlage.

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90% aller Konkurse in der Schweiz entstehen durch Liquiditätsprobleme – nicht durch fehlenden Gewinn. Als Selbständige*r ist eine solide Liquiditätsplanung daher überlebenswichtig. In diesem Artikel zeige ich dir, wie du deine Liquidität im Griff behältst und finanzielle Engpässe vermeidest.

Was ist Liquiditätsplanung und warum ist sie so wichtig?

Liquidität bedeutet: Kannst du deine Rechnungen bezahlen, wenn sie fällig sind?

Anders als bei der Gewinnrechnung geht es nicht darum, ob du am Ende des Jahres mehr eingenommen als ausgegeben hast. Es geht darum, ob du zu jedem Zeitpunkt genügend Geld auf dem Konto hast.

Das Problem vieler Selbständiger

Als Selbständige*r kennst du diese Situation vermutlich:

  • Einnahmen kommen unregelmässig (Auftraggeber zahlen spät, saisonale Schwankungen)
  • Ausgaben sind fix (Miete, AHV, Versicherungen – alle wollen pünktlich ihr Geld)

Das führt zu dem klassischen Problem: Du machst Gewinn, aber hast trotzdem kein Geld auf dem Konto.

Typisches Beispiel

Du stellst im Januar eine Rechnung über 10'000 CHF. Der Kunde zahlt 60 Tage später, also Ende März. Aber im Februar sind fällig:

  • Miete: 1'500 CHF
  • Versicherungen: 400 CHF
  • Software-Abos: 200 CHF
  • AHV-Akonto: 800 CHF

Problem: Du hast zwar einen Auftrag, aber kein Geld. Genau hier hilft dir Liquiditätsplanung.

Schritt-für-Schritt: Deinen Liquiditätsplan erstellen

Schritt 1: Planungszeitraum festlegen

Für Selbständige empfehle ich einen 12-Monats-Planungshorizont mit monatlicher Detailplanung.

Warum 12 Monate?

  • Du erkennst saisonale Schwankungen
  • Grosse Ausgaben (Steuern, AHV-Schlussabrechnung) werden sichtbar
  • Du kannst rechtzeitig Massnahmen ergreifen

Schritt 2: Fixe Einnahmen erfassen

Liste alle sicheren Einnahmen auf:

  • Laufende Mandate/Abonnements
  • Bestätigte Aufträge mit Zahlungstermin
  • Fixe Retainer-Vereinbarungen

Wichtig: Sei konservativ! Nur Einnahmen erfassen, die wirklich sicher sind.

Schritt 3: Variable Einnahmen schätzen

Für unsichere Einnahmen arbeitest du mit Szenarien:

  • Pessimistisch: 50% der erwarteten Aufträge
  • Realistisch: 70-80% der erwarteten Aufträge
  • Optimistisch: 100% der erwarteten Aufträge

Plane immer mit dem pessimistischen Szenario – positive Überraschungen sind dann willkommen.

Schritt 4: Fixe Ausgaben auflisten

Diese Kosten fallen jeden Monat (oder jährlich) an:

| Ausgabenart | Typischer Betrag | Fälligkeit | |-------------|-----------------|------------| | Miete/Coworking | 500-2'000 CHF | Monatlich | | Krankenkasse | 300-600 CHF | Monatlich | | Versicherungen | 50-200 CHF | Monatlich/Jährlich | | Software-Abos | 100-500 CHF | Monatlich | | AHV-Akonto | 500-2'000 CHF | Quartalsweise | | Steuern Akonto | 500-3'000 CHF | Quartalsweise | | Buchhaltung | 50-200 CHF | Monatlich | | Telefon/Internet | 100-200 CHF | Monatlich |

Schritt 5: Variable Ausgaben einplanen

Vergiss nicht die unregelmässigen Kosten:

  • Weiterbildung
  • Hardware-Ersatz
  • Marketing-Aktionen
  • Reparaturen
  • Steuerberater/Treuhänder

Tipp: Plane jeden Monat einen Puffer von 10-15% für Unvorhergesehenes ein.

Schritt 6: Monatliche Liquiditätsvorschau erstellen

Jetzt rechnest du für jeden Monat:

Anfangsbestand Konto
+ Einnahmen des Monats
- Ausgaben des Monats
= Endbestand Konto

Der Endbestand eines Monats ist der Anfangsbestand des nächsten.

Praktisches Beispiel: Liquiditätsplan

Hier ein vereinfachtes Beispiel für das erste Quartal:

| Monat | Anfangsbestand | Einnahmen | Ausgaben | Endbestand | |-------|---------------|-----------|----------|------------| | Januar | 15'000 CHF | 4'000 CHF | 6'000 CHF | 13'000 CHF | | Februar | 13'000 CHF | 2'000 CHF | 6'000 CHF | 9'000 CHF | | März | 9'000 CHF | 8'000 CHF | 9'000 CHF* | 8'000 CHF | | April | 8'000 CHF | 7'000 CHF | 6'000 CHF | 9'000 CHF |

*Im März ist AHV-Akonto fällig (3'000 CHF zusätzlich)

Dieser Plan zeigt: Im März wird es knapp! Das weisst du jetzt aber schon im Januar und kannst handeln.

Die gefährlichsten Liquiditätsfallen für Selbständige

Falle 1: Kundenrechnungen nicht nachverfolgen

Verschickte Rechnungen sind noch kein Geld auf dem Konto. Viele Selbständige vergessen, offene Rechnungen einzufordern.

Lösung: Feste Termine für Zahlungserinnerungen setzen (z.B. 30 Tage nach Rechnungsstellung).

Falle 2: AHV-Nachzahlung unterschätzen

Die AHV-Ausgleichskasse rechnet nach Abschluss deiner Steuererklärung ab. Wenn dein Einkommen höher war als geschätzt, kommt eine saftige Nachzahlung.

Lösung: Jeden Monat 10% deiner Einnahmen für AHV zurücklegen.

Falle 3: Steuern vergessen

In der Schweiz zahlst du die Steuern erst im Folgejahr. Ein gutes Geschäftsjahr kann im nächsten Jahr zur Steuerfalle werden.

Lösung: Monatlich 20-25% der Einnahmen auf ein separates Steuerkonto überweisen.

Falle 4: Saisonale Schwankungen ignorieren

Viele Branchen haben saisonale Hochs und Tiefs. Wer im Sommer viel verdient, vergisst oft, für den Winter zu sparen.

Lösung: In guten Monaten mindestens 20% für schlechte Zeiten zurücklegen.

Falle 5: Keine Reserven für Notfälle

Krankheit, Auftragsausfall, defekte Hardware – ungeplante Ereignisse können teuer werden.

Lösung: Mindestens 3 Monatsausgaben als Notreserve aufbauen.

7 Tipps für bessere Liquidität

1. Schnell fakturieren

Je schneller du deine Rechnung stellst, desto schneller bekommst du dein Geld. Ideal: Rechnung direkt nach Projektabschluss oder am Monatsende.

2. Kürzere Zahlungsfristen

Viele Selbständige geben 30 Tage Zahlungsfrist – Kunden zahlen dann nach 45-60 Tagen. Besser: 14 Tage Zahlungsfrist oder Skonto für schnelle Zahlung (z.B. 2% bei Zahlung innerhalb 10 Tagen).

3. Anzahlungen verlangen

Bei grösseren Projekten: 30-50% Anzahlung vor Projektstart. Das finanziert deine laufenden Kosten während der Arbeit.

4. Separate Konten führen

Trenne dein Geld auf verschiedene Konten:

  • Geschäftskonto: Laufender Betrieb
  • Steuerkonto: Rücklagen für Steuern & AHV
  • Notfallkonto: Mindestens 3 Monatsausgaben

5. Regelmässig kontrollieren

Überprüfe deinen Liquiditätsplan mindestens monatlich und passe ihn an. Die Realität weicht immer vom Plan ab.

6. Ausgaben staffeln

Wenn möglich, grössere Ausgaben über mehrere Monate verteilen. Jahresabos kannst du oft auch monatlich zahlen.

7. Kreditlinie einrichten

Bei deiner Bank kannst du eine Kreditlinie einrichten (z.B. 10'000-30'000 CHF). Die kostet dich nur, wenn du sie nutzt – gibt dir aber Sicherheit für Engpässe.

Warnsignale: Wann du handeln musst

Reagiere sofort, wenn:

  • Dein Kontostand 3 Monate hintereinander sinkt
  • Du Rechnungen nicht pünktlich bezahlen kannst
  • Du regelmässig ins Minus rutschst
  • Die AHV-Nachzahlung dein Budget sprengt

Notfallmassnahmen bei Liquiditätsengpass

  1. Sofort: Alle offenen Kundenrechnungen einfordern
  2. Kurzfristig: Nicht dringende Ausgaben verschieben
  3. Mittelfristig: Akquise intensivieren
  4. Letzte Option: Kurzfristiger Kredit (z.B. Ahead Zürich für Mikrokredite bis 40'000 CHF)

Liquiditätsplanung mit Software

Mit der richtigen Software wird Liquiditätsplanung zum Kinderspiel:

Vorteile digitaler Lösungen:

  • Automatische Erfassung von Ein- und Ausgaben
  • Erinnerungen bei fälligen Rechnungen
  • Übersichtliche Dashboards
  • Automatische Berichte

Mit Pfeffersack siehst du auf einen Blick, wie es um deine Finanzen steht. Die Buchungen werden automatisch kategorisiert und du behältst den Überblick über offene Rechnungen und fällige Ausgaben.

Fazit: Liquidität als Überlebensfaktor

Gute Liquiditätsplanung ist keine Raketenwissenschaft – aber sie kann dein Business retten. Die wichtigsten Punkte:

  • Plane mindestens 12 Monate voraus
  • Sei konservativ bei den Einnahmen
  • Vergiss AHV und Steuern nicht
  • Baue Reserven auf (mindestens 3 Monatsausgaben)
  • Kontrolliere monatlich

Mit einer guten Planung schläfst du ruhiger – und hast den Kopf frei für das, was du wirklich liebst: deine Arbeit.


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