Doppelte Buchhaltung einfach erklärt – Anleitung für Schweizer Unternehmen 2025

Verstehe die doppelte Buchhaltung in der Schweiz: Wann sie Pflicht ist, wie sie funktioniert und wie du sie als Unternehmer*in einfach umsetzen kannst.

8 min read
BuchhaltungDoppelte BuchhaltungSchweizGmbHBilanz

Die doppelte Buchhaltung klingt komplizierter als sie ist. In diesem Artikel erkläre ich dir die Grundlagen so einfach wie möglich – ohne trockene BWL-Theorie, dafür mit praktischen Beispielen aus dem Schweizer Alltag.

Wann ist doppelte Buchhaltung Pflicht in der Schweiz?

In der Schweiz regelt das Obligationenrecht (OR) die Buchführungspflicht. Hier die Übersicht:

Einfache Buchhaltung erlaubt (Milchbüchleinrechnung)

  • Einzelunternehmen unter CHF 500'000 Jahresumsatz
  • Kollektivgesellschaften unter CHF 500'000 Jahresumsatz
  • Vereine ohne HR-Eintragspflicht

Doppelte Buchhaltung Pflicht

  • Alle GmbH und AG (unabhängig vom Umsatz)
  • Einzelunternehmen ab CHF 500'000 Jahresumsatz
  • Kollektivgesellschaften ab CHF 500'000 Jahresumsatz
  • Stiftungen und Vereine im Handelsregister

Fazit: Sobald du eine GmbH oder AG gründest oder als Einzelfirma über 500'000 CHF Umsatz machst, musst du doppelt Buch führen.

Was unterscheidet einfache von doppelter Buchhaltung?

Einfache Buchhaltung (Milchbüchlein)

  • Nur Einnahmen und Ausgaben erfassen
  • Wie ein Kassenbuch: Was rein geht, was raus geht
  • Am Ende des Jahres: Gewinn = Einnahmen - Ausgaben
  • Keine Bilanz nötig

Doppelte Buchhaltung

  • Jeder Vorgang wird zwei Mal erfasst (Soll und Haben)
  • Erfasst auch Vermögen und Schulden
  • Am Ende des Jahres: Bilanz + Erfolgsrechnung
  • Zeigt die finanzielle Gesamtsituation des Unternehmens

Das Grundprinzip: Soll und Haben

Der Name "doppelte Buchhaltung" kommt daher, dass jeder Geschäftsvorfall zwei Buchungen auslöst: eine im Soll und eine im Haben.

Die goldene Regel

Soll = Haben – Beide Seiten müssen immer gleich sein.

Einfache Erklärung

  • Soll: Wo geht das Geld hin? (Verwendung)
  • Haben: Wo kommt das Geld her? (Herkunft)

Praktisches Beispiel

Du kaufst einen Laptop für 2'000 CHF bar:

| Soll | Haben | |------|-------| | Büromaterial (Aufwand): 2'000 CHF | Kasse (Vermögen): 2'000 CHF |

Bedeutung: Das Geld fliesst von der Kasse zum Aufwand "Büromaterial".

Die wichtigsten Kontenarten

In der doppelten Buchhaltung gibt es 5 Kontenarten:

1. Aktiven (Vermögen)

Was dein Unternehmen besitzt:

  • Kasse (Bargeld)
  • Bankguthaben
  • Debitoren (offene Kundenrechnungen)
  • Warenbestand
  • Maschinen, Fahrzeuge, Einrichtung

2. Passiven (Schulden + Eigenkapital)

Was dein Unternehmen schuldet und wem es gehört:

  • Kreditoren (offene Lieferantenrechnungen)
  • Bankschulden, Darlehen
  • MWST-Schuld
  • Eigenkapital / Stammkapital

3. Aufwand (Kosten)

Was dein Unternehmen ausgibt:

  • Miete
  • Löhne
  • Material
  • Versicherungen
  • Abschreibungen

4. Ertrag (Einnahmen)

Was dein Unternehmen einnimmt:

  • Umsatz / Verkaufserlös
  • Zinsertrag
  • Sonstige Erträge

5. Abschlusskonten

  • Bilanz
  • Erfolgsrechnung

Buchungsregeln: So funktioniert's

Aktivkonten (Vermögen)

  • Zunahme: im Soll
  • Abnahme: im Haben

Passivkonten (Schulden)

  • Zunahme: im Haben
  • Abnahme: im Soll

Aufwandskonten

  • Zunahme: im Soll
  • Abnahme: im Haben (selten, z.B. bei Rücksendungen)

Ertragskonten

  • Zunahme: im Haben
  • Abnahme: im Soll (selten, z.B. bei Gutschriften)

10 typische Buchungssätze aus dem Alltag

1. Kunde bezahlt Rechnung per Bank

Soll: Bank                    5'000 CHF
Haben: Debitoren              5'000 CHF

2. Miete wird abgebucht

Soll: Mietaufwand             2'000 CHF
Haben: Bank                   2'000 CHF

3. Du bezahlst eine Lieferantenrechnung

Soll: Kreditoren              1'500 CHF
Haben: Bank                   1'500 CHF

4. Du stellst eine Rechnung an Kunden

Soll: Debitoren               3'000 CHF
Haben: Umsatz                 3'000 CHF

5. Barkauf von Büromaterial

Soll: Büromaterial              200 CHF
Haben: Kasse                    200 CHF

6. Du nimmst einen Bankkredit auf

Soll: Bank                   50'000 CHF
Haben: Bankschulden          50'000 CHF

7. Du zahlst den Kredit zurück

Soll: Bankschulden           10'000 CHF
Haben: Bank                  10'000 CHF

8. Lohnzahlung an Mitarbeiter

Soll: Lohnaufwand             6'000 CHF
Haben: Bank                   6'000 CHF

9. Privateinlage des Inhabers (Einzelfirma)

Soll: Bank                   10'000 CHF
Haben: Eigenkapital          10'000 CHF

10. Abschreibung auf Fahrzeug

Soll: Abschreibungen          5'000 CHF
Haben: Fahrzeuge              5'000 CHF

Die Bilanz verstehen

Die Bilanz ist eine Momentaufnahme deines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt (meist 31. Dezember).

Aufbau der Bilanz

| Aktiven (Vermögen) | Passiven (Kapital) | |--------------------|-------------------| | Umlaufvermögen | Fremdkapital | | Kasse | Kreditoren | | Bank | Bankschulden | | Debitoren | MWST-Schuld | | Warenbestand | Darlehen | | | | | Anlagevermögen | Eigenkapital | | Maschinen | Stammkapital | | Fahrzeuge | Gewinnvortrag | | Einrichtung | Jahresgewinn | | | | | Total Aktiven | Total Passiven |

Die goldene Regel: Total Aktiven = Total Passiven (immer!)

Beispiel einer einfachen Bilanz

Bilanz der Muster GmbH per 31.12.2024

| Aktiven | CHF | Passiven | CHF | |---------|-----|----------|-----| | Kasse | 500 | Kreditoren | 5'000 | | Bank | 25'000 | MWST-Schuld | 2'000 | | Debitoren | 15'000 | Bankdarlehen | 30'000 | | Warenbestand | 10'000 | Stammkapital | 20'000 | | Einrichtung | 8'000 | Gewinnvortrag | 1'500 | | Fahrzeug | 20'000 | | | | Total | 78'500 | Total | 58'500 |

Moment – das stimmt nicht! Die Differenz von 20'000 CHF ist der Jahresgewinn:

| Aktiven | CHF | Passiven | CHF | |---------|-----|----------|-----| | ... | ... | ... | ... | | | | Jahresgewinn | 20'000 | | Total | 78'500 | Total | 78'500 |

Die Erfolgsrechnung verstehen

Die Erfolgsrechnung zeigt, wie der Gewinn (oder Verlust) entstanden ist.

Aufbau der Erfolgsrechnung

  Umsatz (Ertrag aus Verkäufen)
- Warenaufwand
= Bruttogewinn

- Personalaufwand
- Raumaufwand (Miete)
- Verwaltungsaufwand
- Abschreibungen
- Finanzaufwand (Zinsen)
= Gewinn vor Steuern

- Steuern
= Jahresgewinn (oder Verlust)

Beispiel Erfolgsrechnung

Erfolgsrechnung Muster GmbH 2024

| Position | CHF | |----------|-----| | Umsatz | 350'000 | | - Warenaufwand | -120'000 | | = Bruttogewinn | 230'000 | | - Personalaufwand | -150'000 | | - Miete | -24'000 | | - Versicherungen | -6'000 | | - Büromaterial | -4'000 | | - Marketing | -10'000 | | - Abschreibungen | -8'000 | | - Zinsen | -3'000 | | = Gewinn vor Steuern | 25'000 | | - Steuern | -5'000 | | = Jahresgewinn | 20'000 |

Der Kontenrahmen KMU Schweiz

In der Schweiz verwenden die meisten Unternehmen den Kontenrahmen KMU. Dieser gibt vor, welche Kontonummern für welche Buchungen verwendet werden.

Übersicht der Kontenklassen

| Klasse | Bezeichnung | Beispiele | |--------|-------------|-----------| | 1 | Aktiven | 1000 Kasse, 1020 Bank, 1100 Debitoren | | 2 | Passiven | 2000 Kreditoren, 2400 Bankschulden | | 3 | Betriebsertrag | 3000 Produkterlöse, 3200 Dienstleistungserlöse | | 4 | Aufwand Material/Waren | 4000 Materialeinkauf, 4400 Warenbestand | | 5 | Personalaufwand | 5000 Löhne, 5700 Sozialversicherungen | | 6 | Sonstiger Aufwand | 6000 Miete, 6500 Verwaltungsaufwand | | 7 | Betriebsfremder Erfolg | 7000 Nebenertrag, 7900 Ausserordentlich | | 8 | Abschluss | 8000 Eröffnungsbilanz, 9000 Abschluss | | 9 | Abschluss | 9000 Jahresgewinn/-verlust |

Häufige Fehler bei der doppelten Buchhaltung

Fehler 1: Belege fehlen

Jede Buchung braucht einen Beleg. Ohne Beleg ist die Buchung nicht gültig.

Lösung: Belege sofort digitalisieren und der Buchung zuordnen.

Fehler 2: Soll und Haben vertauscht

Ein klassischer Anfängerfehler, der die ganze Bilanz durcheinanderbringt.

Lösung: Buchungsregeln auswendig lernen oder Software nutzen, die das automatisch macht.

Fehler 3: Privatentnahmen falsch buchen

Geld, das du dir privat entnimmst, ist kein Aufwand – es reduziert dein Eigenkapital.

Lösung: Separates Konto "Privatentnahmen" führen.

Fehler 4: MWST nicht korrekt verbuchen

Die MWST muss separat gebucht werden und erscheint in der Bilanz als Schuld oder Guthaben.

Lösung: Netto-Methode verwenden und MWST-Konten korrekt führen.

Fehler 5: Abschreibungen vergessen

Anlagevermögen verliert an Wert und muss jährlich abgeschrieben werden.

Lösung: Anlagenspiegel führen und Abschreibungen systematisch buchen.

Doppelte Buchhaltung mit Software

Die gute Nachricht: Mit moderner Buchhaltungssoftware wird die doppelte Buchhaltung deutlich einfacher.

Vorteile von Software

  • Buchungssätze werden automatisch erstellt
  • Soll = Haben wird automatisch geprüft
  • Bilanz und Erfolgsrechnung auf Knopfdruck
  • MWST-Abrechnung wird automatisch erstellt
  • Weniger Fehler durch Plausibilitätsprüfungen

Was eine gute Software können sollte

  • Kontenrahmen KMU vorinstalliert
  • Automatische Buchungsvorschläge
  • MWST-Integration
  • Belegverwaltung
  • Jahresabschluss-Funktion
  • Export für Treuhänder

Fazit: Doppelte Buchhaltung ist lernbar

Die doppelte Buchhaltung ist kein Hexenwerk. Wenn du die Grundprinzipien verstanden hast, wird vieles logisch:

  1. Jede Buchung hat zwei Seiten: Soll und Haben
  2. Soll = Haben – immer!
  3. 5 Kontenarten merken: Aktiven, Passiven, Aufwand, Ertrag, Abschluss
  4. Mit Software wird alles einfacher

Für die meisten Schweizer KMU reicht eine einfache Buchhaltungssoftware völlig aus. Ein Treuhänder kann beim Jahresabschluss und bei komplexen Fragen helfen.


Bereit für deine Buchhaltung?

Mit Pfeffersack erledigst du deine Buchhaltung einfach und übersichtlich. Rechnungen, Ausgaben, Berichte – alles an einem Ort.

Jetzt 7 Tage kostenlos testen – keine Kreditkarte erforderlich.

Pfeffersackhttps://pfeffersack.ch/blog/doppelte-buchhaltung-einfach-erklaert-schweiz