Die doppelte Buchhaltung klingt komplizierter als sie ist. In diesem Artikel erkläre ich dir die Grundlagen so einfach wie möglich – ohne trockene BWL-Theorie, dafür mit praktischen Beispielen aus dem Schweizer Alltag.
Wann ist doppelte Buchhaltung Pflicht in der Schweiz?
In der Schweiz regelt das Obligationenrecht (OR) die Buchführungspflicht. Hier die Übersicht:
Einfache Buchhaltung erlaubt (Milchbüchleinrechnung)
- Einzelunternehmen unter CHF 500'000 Jahresumsatz
- Kollektivgesellschaften unter CHF 500'000 Jahresumsatz
- Vereine ohne HR-Eintragspflicht
Doppelte Buchhaltung Pflicht
- Alle GmbH und AG (unabhängig vom Umsatz)
- Einzelunternehmen ab CHF 500'000 Jahresumsatz
- Kollektivgesellschaften ab CHF 500'000 Jahresumsatz
- Stiftungen und Vereine im Handelsregister
Fazit: Sobald du eine GmbH oder AG gründest oder als Einzelfirma über 500'000 CHF Umsatz machst, musst du doppelt Buch führen.
Was unterscheidet einfache von doppelter Buchhaltung?
Einfache Buchhaltung (Milchbüchlein)
- Nur Einnahmen und Ausgaben erfassen
- Wie ein Kassenbuch: Was rein geht, was raus geht
- Am Ende des Jahres: Gewinn = Einnahmen - Ausgaben
- Keine Bilanz nötig
Doppelte Buchhaltung
- Jeder Vorgang wird zwei Mal erfasst (Soll und Haben)
- Erfasst auch Vermögen und Schulden
- Am Ende des Jahres: Bilanz + Erfolgsrechnung
- Zeigt die finanzielle Gesamtsituation des Unternehmens
Das Grundprinzip: Soll und Haben
Der Name "doppelte Buchhaltung" kommt daher, dass jeder Geschäftsvorfall zwei Buchungen auslöst: eine im Soll und eine im Haben.
Die goldene Regel
Soll = Haben – Beide Seiten müssen immer gleich sein.
Einfache Erklärung
- Soll: Wo geht das Geld hin? (Verwendung)
- Haben: Wo kommt das Geld her? (Herkunft)
Praktisches Beispiel
Du kaufst einen Laptop für 2'000 CHF bar:
| Soll | Haben | |------|-------| | Büromaterial (Aufwand): 2'000 CHF | Kasse (Vermögen): 2'000 CHF |
Bedeutung: Das Geld fliesst von der Kasse zum Aufwand "Büromaterial".
Die wichtigsten Kontenarten
In der doppelten Buchhaltung gibt es 5 Kontenarten:
1. Aktiven (Vermögen)
Was dein Unternehmen besitzt:
- Kasse (Bargeld)
- Bankguthaben
- Debitoren (offene Kundenrechnungen)
- Warenbestand
- Maschinen, Fahrzeuge, Einrichtung
2. Passiven (Schulden + Eigenkapital)
Was dein Unternehmen schuldet und wem es gehört:
- Kreditoren (offene Lieferantenrechnungen)
- Bankschulden, Darlehen
- MWST-Schuld
- Eigenkapital / Stammkapital
3. Aufwand (Kosten)
Was dein Unternehmen ausgibt:
- Miete
- Löhne
- Material
- Versicherungen
- Abschreibungen
4. Ertrag (Einnahmen)
Was dein Unternehmen einnimmt:
- Umsatz / Verkaufserlös
- Zinsertrag
- Sonstige Erträge
5. Abschlusskonten
- Bilanz
- Erfolgsrechnung
Buchungsregeln: So funktioniert's
Aktivkonten (Vermögen)
- Zunahme: im Soll
- Abnahme: im Haben
Passivkonten (Schulden)
- Zunahme: im Haben
- Abnahme: im Soll
Aufwandskonten
- Zunahme: im Soll
- Abnahme: im Haben (selten, z.B. bei Rücksendungen)
Ertragskonten
- Zunahme: im Haben
- Abnahme: im Soll (selten, z.B. bei Gutschriften)
10 typische Buchungssätze aus dem Alltag
1. Kunde bezahlt Rechnung per Bank
Soll: Bank 5'000 CHF
Haben: Debitoren 5'000 CHF
2. Miete wird abgebucht
Soll: Mietaufwand 2'000 CHF
Haben: Bank 2'000 CHF
3. Du bezahlst eine Lieferantenrechnung
Soll: Kreditoren 1'500 CHF
Haben: Bank 1'500 CHF
4. Du stellst eine Rechnung an Kunden
Soll: Debitoren 3'000 CHF
Haben: Umsatz 3'000 CHF
5. Barkauf von Büromaterial
Soll: Büromaterial 200 CHF
Haben: Kasse 200 CHF
6. Du nimmst einen Bankkredit auf
Soll: Bank 50'000 CHF
Haben: Bankschulden 50'000 CHF
7. Du zahlst den Kredit zurück
Soll: Bankschulden 10'000 CHF
Haben: Bank 10'000 CHF
8. Lohnzahlung an Mitarbeiter
Soll: Lohnaufwand 6'000 CHF
Haben: Bank 6'000 CHF
9. Privateinlage des Inhabers (Einzelfirma)
Soll: Bank 10'000 CHF
Haben: Eigenkapital 10'000 CHF
10. Abschreibung auf Fahrzeug
Soll: Abschreibungen 5'000 CHF
Haben: Fahrzeuge 5'000 CHF
Die Bilanz verstehen
Die Bilanz ist eine Momentaufnahme deines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt (meist 31. Dezember).
Aufbau der Bilanz
| Aktiven (Vermögen) | Passiven (Kapital) | |--------------------|-------------------| | Umlaufvermögen | Fremdkapital | | Kasse | Kreditoren | | Bank | Bankschulden | | Debitoren | MWST-Schuld | | Warenbestand | Darlehen | | | | | Anlagevermögen | Eigenkapital | | Maschinen | Stammkapital | | Fahrzeuge | Gewinnvortrag | | Einrichtung | Jahresgewinn | | | | | Total Aktiven | Total Passiven |
Die goldene Regel: Total Aktiven = Total Passiven (immer!)
Beispiel einer einfachen Bilanz
Bilanz der Muster GmbH per 31.12.2024
| Aktiven | CHF | Passiven | CHF | |---------|-----|----------|-----| | Kasse | 500 | Kreditoren | 5'000 | | Bank | 25'000 | MWST-Schuld | 2'000 | | Debitoren | 15'000 | Bankdarlehen | 30'000 | | Warenbestand | 10'000 | Stammkapital | 20'000 | | Einrichtung | 8'000 | Gewinnvortrag | 1'500 | | Fahrzeug | 20'000 | | | | Total | 78'500 | Total | 58'500 |
Moment – das stimmt nicht! Die Differenz von 20'000 CHF ist der Jahresgewinn:
| Aktiven | CHF | Passiven | CHF | |---------|-----|----------|-----| | ... | ... | ... | ... | | | | Jahresgewinn | 20'000 | | Total | 78'500 | Total | 78'500 |
Die Erfolgsrechnung verstehen
Die Erfolgsrechnung zeigt, wie der Gewinn (oder Verlust) entstanden ist.
Aufbau der Erfolgsrechnung
Umsatz (Ertrag aus Verkäufen)
- Warenaufwand
= Bruttogewinn
- Personalaufwand
- Raumaufwand (Miete)
- Verwaltungsaufwand
- Abschreibungen
- Finanzaufwand (Zinsen)
= Gewinn vor Steuern
- Steuern
= Jahresgewinn (oder Verlust)
Beispiel Erfolgsrechnung
Erfolgsrechnung Muster GmbH 2024
| Position | CHF | |----------|-----| | Umsatz | 350'000 | | - Warenaufwand | -120'000 | | = Bruttogewinn | 230'000 | | - Personalaufwand | -150'000 | | - Miete | -24'000 | | - Versicherungen | -6'000 | | - Büromaterial | -4'000 | | - Marketing | -10'000 | | - Abschreibungen | -8'000 | | - Zinsen | -3'000 | | = Gewinn vor Steuern | 25'000 | | - Steuern | -5'000 | | = Jahresgewinn | 20'000 |
Der Kontenrahmen KMU Schweiz
In der Schweiz verwenden die meisten Unternehmen den Kontenrahmen KMU. Dieser gibt vor, welche Kontonummern für welche Buchungen verwendet werden.
Übersicht der Kontenklassen
| Klasse | Bezeichnung | Beispiele | |--------|-------------|-----------| | 1 | Aktiven | 1000 Kasse, 1020 Bank, 1100 Debitoren | | 2 | Passiven | 2000 Kreditoren, 2400 Bankschulden | | 3 | Betriebsertrag | 3000 Produkterlöse, 3200 Dienstleistungserlöse | | 4 | Aufwand Material/Waren | 4000 Materialeinkauf, 4400 Warenbestand | | 5 | Personalaufwand | 5000 Löhne, 5700 Sozialversicherungen | | 6 | Sonstiger Aufwand | 6000 Miete, 6500 Verwaltungsaufwand | | 7 | Betriebsfremder Erfolg | 7000 Nebenertrag, 7900 Ausserordentlich | | 8 | Abschluss | 8000 Eröffnungsbilanz, 9000 Abschluss | | 9 | Abschluss | 9000 Jahresgewinn/-verlust |
Häufige Fehler bei der doppelten Buchhaltung
Fehler 1: Belege fehlen
Jede Buchung braucht einen Beleg. Ohne Beleg ist die Buchung nicht gültig.
Lösung: Belege sofort digitalisieren und der Buchung zuordnen.
Fehler 2: Soll und Haben vertauscht
Ein klassischer Anfängerfehler, der die ganze Bilanz durcheinanderbringt.
Lösung: Buchungsregeln auswendig lernen oder Software nutzen, die das automatisch macht.
Fehler 3: Privatentnahmen falsch buchen
Geld, das du dir privat entnimmst, ist kein Aufwand – es reduziert dein Eigenkapital.
Lösung: Separates Konto "Privatentnahmen" führen.
Fehler 4: MWST nicht korrekt verbuchen
Die MWST muss separat gebucht werden und erscheint in der Bilanz als Schuld oder Guthaben.
Lösung: Netto-Methode verwenden und MWST-Konten korrekt führen.
Fehler 5: Abschreibungen vergessen
Anlagevermögen verliert an Wert und muss jährlich abgeschrieben werden.
Lösung: Anlagenspiegel führen und Abschreibungen systematisch buchen.
Doppelte Buchhaltung mit Software
Die gute Nachricht: Mit moderner Buchhaltungssoftware wird die doppelte Buchhaltung deutlich einfacher.
Vorteile von Software
- Buchungssätze werden automatisch erstellt
- Soll = Haben wird automatisch geprüft
- Bilanz und Erfolgsrechnung auf Knopfdruck
- MWST-Abrechnung wird automatisch erstellt
- Weniger Fehler durch Plausibilitätsprüfungen
Was eine gute Software können sollte
- Kontenrahmen KMU vorinstalliert
- Automatische Buchungsvorschläge
- MWST-Integration
- Belegverwaltung
- Jahresabschluss-Funktion
- Export für Treuhänder
Fazit: Doppelte Buchhaltung ist lernbar
Die doppelte Buchhaltung ist kein Hexenwerk. Wenn du die Grundprinzipien verstanden hast, wird vieles logisch:
- Jede Buchung hat zwei Seiten: Soll und Haben
- Soll = Haben – immer!
- 5 Kontenarten merken: Aktiven, Passiven, Aufwand, Ertrag, Abschluss
- Mit Software wird alles einfacher
Für die meisten Schweizer KMU reicht eine einfache Buchhaltungssoftware völlig aus. Ein Treuhänder kann beim Jahresabschluss und bei komplexen Fragen helfen.
Bereit für deine Buchhaltung?
Mit Pfeffersack erledigst du deine Buchhaltung einfach und übersichtlich. Rechnungen, Ausgaben, Berichte – alles an einem Ort.
Jetzt 7 Tage kostenlos testen – keine Kreditkarte erforderlich.